Führung ist ein zentrales Element in der betrieblichen Ausbildung. Lernende sollten nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf die persönliche Entwicklung bestärkt und gefördert werden. Ausbilder und Führungskräfte sind bestrebt, klare Lernziele zu definieren und einen hohen Praxisbezug herzustellen, damit die Anwendung von Wissen erleichtert wird.
Passende Führungsstile nehmen großen Einfluss auf den Erfolg der Ausbildung und das Ansehen des Unternehmens im Allgemeinen. Im Folgenden möchten wir verschiedene Modelle näher vorstellen und deren Vorzüge und Nachteile besprechen.
Was ist ein Führungsstil?
Führungskräfte bedienen sich unterschiedlicher Führungsstile. Dies geschieht bewusst wie unbewusst. Führungsstile sind prägend für den Unternehmenserfolg und nehmen direkten Einfluss auf die Employer Brand, die Positionierung der Firma auf dem Arbeitsmarkt.
Ein Führungsstil bezeichnet die Art und Weise des Umgangs von Führungskräften mit Auszubildenden und Angestellten und ist ein wichtiger Indikator für die vorherrschende Unternehmenskultur. Die Rolle der Mitarbeiterführung ist in Zeiten des Fachkräftemangels von zentraler Bedeutung.
Bereits in der Ausbildung ist der passende Führungsstil ausschlaggebend, um die Auszubildenden an das Unternehmen zu binden und zufriedener und motivierter im Ausbildungsalltag zu erleben.
Welche Führungsstile es gibt: vom klassischen bis situativen Führungsstil
Stellen wir uns nun die Frage: Welche Führungsstile gibt es? Der vorherrschende Führungsstil definiert sich durch das Verhalten der Führungskraft gegenüber ihren Mitarbeitern. Einfluss auf den Führungsstil nehmen
- die Persönlichkeit der Führungsperson,
- die angewandten Lernstrategien,
- die Branche
- und die Unternehmenskultur.
In der Praxis gibt es mehr als vier Führungsstile und Sie werden in der Praxis feststellen, dass sich der Führungsstil auf einer Baustelle deutlich von dem in einer Steuerkanzlei unterscheidet. Wir möchten Ihnen nun eine umfangreiche Führungsstile-Übersicht aufzeigen.
Klassische Führungsstile im Überblick
Zunächst möchten wir auf vier klassische Führungsstile eingehen. Diese finden auch in der AEVO Anwendung. Zur besseren Veranschaulichung haben wir Ihnen, nach einer kurzen Beschreibung, auch die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methode aufgeführt.
Autoritärer Führungsstil
Der autoritäre Führungsstil schafft eine klare Trennung zwischen den einzelnen Hierarchien. Die obere Führungsetage trifft Entscheidungen, welche vom Personal umgesetzt werden. Dieser Führungsstil schafft ein distanziertes Verhältnis zwischen Management und Mitarbeitern.
Vorteile:
- Strukturen sind klar und unmissverständlich definiert
- Entscheidungen können auf direktem Weg gefällt werden
- Krisen lassen sich durch klar definierte Verantwortungsbereiche schneller lösen
Nachteile:
- Vorgesetzte sind häufig überfordert
- Mitarbeiter müssen keine Eigeninitiative zeigen
- Arbeitsmoral sinkt durch verbreitete Demotivation
Kooperativer Führungsstil
Der kooperative Führungsstil gibt Mitarbeitern die Möglichkeit, selbst in Entscheidungsfindungen einzugreifen. Die Selbstkontrolle wird geschätzt und das eigenverantwortliche Arbeiten gefördert.
Vorteile:
- Entlastung für Vorgesetzte
- Mitarbeiter treten selbstbewusster und engagierter auf
- Verantwortungsbewusstsein der Beschäftigten wird gefördert
Nachteile:
- Längere Entscheidungsprozesse
- Gefahr der Unklarheit
- Schwierigkeiten bei Konflikten
Laissez-fairer Führungsstil
Dieser Führungsstil steht dem autoritären Modell gegenüber. Bei diesem Modell sind die Mitarbeiter vollständig in die Entscheidungsfindung eingebunden. Alle Entscheidungen werden im Team gefällt.
Vorteile:
- Freiraum gegeben
- selbstbestimmtes Arbeiten wird gefördert
- Mitarbeiter bringen ihr Potenzial ein
Nachteile:
- Rangordnung aufgehoben
- Aufgabenverteilung häufig falsch priorisiert
- Mangel an Kommunikation und gegenseitiger Absprache
Partizipativer Führungsstil
Mitarbeiter sind angehalten, ihre Meinungen und Erfahrungen einzubringen und mit dem Team und der Unternehmensführung zu diskutieren. Es herrscht eine offene und vertrauensvolle Kommunikation. Die finale Entscheidung liegt bei den Führungskräften.
Vorteile:
- flache Hierarchien
- aktive Einbeziehung aller Mitarbeiter
- vertrauensvolle Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitern
Nachteile:
- Verantwortung kann Mitarbeiter überfordern
- Arbeitsaufgaben können in den Hintergrund treten
- Verzögerung der Entscheidungsfindung durch Mitarbeiterbeteiligung
Führungsstil nach Max Weber
Max Weber ist einer der bedeutendsten Soziologen des 20. Jahrhunderts. Er beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, weshalb sich der Mensch eigentlich beherrschen lässt. Sein Modell der Führungsstile stammt aus dem Jahre 1922 und kann im Buch „Wirtschaft und Gesellschaft“ nachgelesen werden.
Patriarchalischer Führungsstil
Diesem Modell steht eine klar definierte Führungsperson vor. Diese wird nicht als Autoritätsperson, sondern als eine Art Vaterfigur betrachtet. Der Führungsstil ist von Güte und Wohlwollen geprägt. Dieser Führungsstil lässt sich am besten in Familienunternehmen oder kleineren Firmen umsetzen.
Vorteile:
- Regeln werden klar befolgt
- Entscheidungen können schnell getroffen werden
Nachteile:
- Qualitätskontrolle erfolgt nur einseitig
- Motivation im Lernprozess sinkt
Autokratischer Führungsstil
Wer diesem Führungsstil folgt, setzt auf Disziplin und Gehorsam. Die Vorgesetzten üben eine strenge Kontrolle auf ihre Untergebenen aus. Die Methode besitzt große Ähnlichkeit mit dem patriarchalischen Führungsstil und findet ihre Entsprechung in militärischen Einrichtungen oder bei der Polizei.
Vorteile:
- Entscheidungen lassen sich schnell treffen
- Vorgesetzte besitzen die alleinige Verantwortung
- schnelle Handlungsfähigkeit
Nachteile:
- Selbständigkeit und Kreativität der Mitarbeiter werden nicht gefördert
- Fluktuationsrate ist hoch
- Unternehmenskultur leidet
Charismatischer Führungsstil
Besitzt die Führungspersönlichkeit die entsprechende Ausstrahlung, ist sie in der Lage, die Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu bewegen. Eine charismatische Führungspersönlichkeit kann allein durch ihre Ausstrahlung Menschen überzeugen und an sich binden.
Vorteile:
- Mitarbeiter arbeiten selbstbestimmt
- Lehrmethoden lassen sich besser vermitteln
- Unternehmenskultur wird gefördert
Nachteile:
- Führungspersönlichkeit besitzt alleinige Verantwortung
- Charisma lässt sich nicht erlernen
Bürokratischer Führungsstil
Die Macht ist bei diesem Modell nicht personengebunden, sondern in Gesetzen, Vorschriften und Regelwerken definiert. Die Entscheidungsgrundlage fußt in bürokratischen Strukturen. Führungspositionen sind in der Regel zeitlich begrenzt. Der Führungsstil ist in Behörden, Ämtern oder Ministerien anzutreffen.
Vorteile:
- Arbeitsanweisungen sind eindeutig und unmissverständlich
- Abläufe sind klar geregelt
- Fehlentscheidungen kaum gegeben
Nachteile:
- Entscheidungsfindung häufig langwierig
- Raum für Veränderungen eingeschränkt
- Mitarbeiter können keine eigenen Ideen einbringen
Situativer Führungsstil: Flexibilität durch Anpassung
Ein situativer Führungsstil basiert auf der Idee von Fred Edward Fiedler. Der Organisationspsychologe stellte mit der Kontingenztheorie ein Denkmodell auf, welches den Führungserfolg als Summe aus Führungsstil und Führungssituation beschreibt. Es spielen also auch die Rahmenbedingungen, in denen sich Führungskraft und Mitarbeiter bewegen, mit hinein.
Die Rahmenbedingungen sind laut Fiedler durch folgende Aspekte geprägt:
- Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern
- Struktur, Vielfalt und Komplexität der Aufgaben
- Positionsmacht der Führungskraft
Der Vorgesetzte erteilt klare und detaillierte Anweisungen, macht Vorgaben und kommuniziert seine Erwartungen. Der persönliche Kontakt zu den Mitarbeitern ist bei diesem Ansatz stark ausgeprägt.
Lob und Unterstützung prägen den Umgang. Der Reifegrad der Mitarbeiter ist ein wichtiger Faktor. Die Mitarbeiterführung orientiert sich am fachlichen wie psychischen Reifegrad und kann aufgaben- wie beziehungsorientiert erfolgen.
Das Verhaltensgitter nach Blake und Mouton
Das Verhaltensgitter nach Blake und Mouton stammt aus dem Jahre 1964. Das Modell wird auch „Managerial Grid“ genannt und ist zweidimensional aufgebaut. Die beiden Achsen bilden neun Stufen, welche der Bewertung der Mitarbeiterorientierung von Führungskräften dienen. In der genannten Veröffentlichung war angedacht, 81 unterschiedliche Verhaltensmuster zu beschreiben.
Letztlich führten Robert R. Blake und Jane Mouton nur fünf Führungsverhalten auf:
- Impoverished Management: Die Führungsrolle ist nur formaler Natur. Mitarbeiter werden weder aktiv beeinflusst noch entsprechend motiviert.
- Country Club Management: Hierbei steht die Zufriedenheit der Mitarbeiter im Fokus. Die Einwirkung auf die Arbeitsleistung tritt in den Hintergrund. Es wird davon ausgegangen, dass zufriedene Mitarbeiter eine hohe Leistungsbereitschaft zeigen.
- Authority Compliance Management: Der Fokus ist auf die Produktivität und Arbeitsleistung gerichtet. Menschliche Belange sind zweitrangig.
- Team Management: Dieses Führungsverhalten ist auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter und ein gutes Betriebsklima orientiert.
- Middle of the road Management: Dieser Ansatz birgt die Gefahr einer auftretenden Mittelmäßigkeit. Das Verhältnis zwischen Aufgaben- und Beziehungsorientierung ist nahezu ausgeglichen, weist aber gleichzeitig Potenzial zur Verbesserung und Entwicklung auf.
Welcher Führungsstil passt zu Ihnen?
Der passende Führungsstil lässt sich nicht pauschal definieren. Entscheidend ist, dass Lernmethoden am besten vermittelt werden, wenn mit einem gewissen Druck gearbeitet wird. Angestellte in Unternehmen wünschen sich eine aktive Einbeziehung in Prozesse wie auch die klare Entscheidungsfindung durch den Vorgesetzten.
Ein positiver Führungsstil sollte durch folgende Kriterien gekennzeichnet sein:
- Fairness (Wertschätzung, Respekt, offenes Gespräch, Lerntypen berücksichtigen)
- Authentizität (Führungsstil muss zur eigenen Persönlichkeit passen)
- Selbstreflexion (Kommunikation auf Augenhöhe, Fehler eingestehen)
- Empathie (Probleme nicht verdrängen, Verständnis für Work-Life-Balance)
Selbstanalyse: Eigene Stärken & Schwächen erkennen
Wenn Sie Ihre Stärken herausfinden möchten, fragen Sie in Ihrem Umfeld gezielt nach. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit zur Selbstreflexion und listen Sie mögliche Stärken und Schwächen auf. Haben Sie auch den Mut, in Ihren Schwächen nach möglichen Stärken zu suchen.
Folgende Tipps helfen Ihnen dabei, das eigene Potenzial zu erkennen:
- positive Eigenschaften auflisten
- Schwächen separat aufführen
- Mut zur Fremdeinschätzung
- Persönlichkeitstests im Internet nutzen
- Listen durchgehen und Eigenschaften streichen
Tipps zur Optimierung des eigenen Führungsstils
Führungskompetenz ist keine feste Größe. Man kann Lernen lernen und tatsächlich lässt sich auch der Führungsstil optimieren. Vervollkommnen Sie Ihren eigenen Führungsstil, indem Sie Ihr Verhalten regelmäßig hinterfragen.
Stellen Sie sich gezielt folgende Fragen:
- Schöpfe ich aktuell meine Potenziale vollständig aus?
- Kenne ich meine Ziele und folge nicht nur einem eingefahrenen Weg?
- Kann ich Handlungsprioritäten erkennen?
- Verfolge ich meine Ziele und handle ich immer konsequent?
- Hinterfrage ich mein Vorgehen und folge ich dabei ethischen Maximen?
In Deutschland erklimmen vorrangig Menschen mit hoher Fachkompetenz die Karriereleiter. In den Augen der von den Mitarbeitern wahrgenommenen Führungskompetenz ist diese allerdings zweitrangig.
Den größten Anteil an der Führungskompetenz hat mit weit mehr als 70 Prozent die Sozialkompetenz. Daher sollten Führungskräfte besonders daran arbeiten, ihre Soft Skills zu verbessern.
Der komplette Ausbilder-Kurs der AEVO Akademie
Wer als Ausbilder arbeiten möchte, übernimmt Verantwortung und muss sich auch mit Führungsstilen auseinandersetzen. Als Voraussetzung der zukünftigen Tätigkeit gilt der Erwerb des AdA-Scheins.
Wenn Sie die schriftliche AEVO Prüfung und die praktische AEVO Prüfung bestanden haben, dürfen Sie Lehrlinge ausbilden. Mit dem kompletten Ausbilderkurs der AEVO Akademie gehen Sie bestens vorbereitet in die Prüfung.
Die Vorteile der AEVO Akademie:
- flexibel und zeitlich unabhängig lernen
- zertifizierten und geprüften Lernstoff nutzen
- rund um die Uhr beraten werden
- Inhalte für alle Branchen und Berufe geeignet
- von hohem Praxisbezug profitieren
Fazit zu Führungsstilen
Das Führungsverhalten in einem Unternehmen ist ein Motivator für die Mitarbeiterbindung und den Unternehmenserfolg. Ob die Beschäftigten zufrieden sind, hängt eng damit zusammen, welcher Führungsstil greift und wie sich das Unternehmensklima darstellt. Passende Führungsstile sorgen für produktive, motivierte und zufriedene Mitarbeiter.
Die Aneignung von Führungsstilen wird auch im Rahmen der AEVO-Ausbildung zum Thema. Sind Lehrlinge mit ihrem Ausbildungsbetrieb zufrieden, werden sie eine bessere Leistung bringen und die Ausbildung nicht vorzeitig beenden.
FAQ zu Führungsstilen
Welche Führungsstile gibt es bei AEVO?
Die AEVO regelt in Deutschland die Rahmenbedingungen für die notwendigen Qualifikationen für Ausbilder. Dabei werden der kooperative, der autoritäre, der laissez-faire und der situative Führungsstil angewandt.
Welche Führungsstile gibt es nach Lewin?
Der Psychologe Kurt Lewin hat im Jahre 1939 den demokratischen Führungsstil, den laissez-fairen und den autoritären Führungsstil definiert.
Welcher Führungsstil gilt als kooperativ?
Der kooperative Führungsstil hat ein offenes Betriebsklima zum Ziel. Es herrscht eine offene Kommunikation und die Meinungen und Ideen der Mitarbeiter werden berücksichtigt.
Im kooperativen Führungssystem sind die Elemente Transparenz, Repräsentation, Kontrolle, Beteiligung, Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung integriert.